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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2023

  1. Äußerungen in Chatgruppe führen zur Kündigung?

Grundsätzlich unterfallen Meinungsäußerungen gegenüber wenigen Personen unter einen Vertraulichkeitsbereich. Gerade, wenn Mitarbeitende nicht erwarten können, dass getätigte Erklärungen weitergetragen werden. In diesem Fall gab es in einer kleinen geschlossenen Chatgruppe beleidigende sowie rassistische und sexistische Äußerungen in Bezug auf Vorgesetzte. Das Gericht sah hier nicht die Möglichkeit sich auf eine Vertraulichkeitserwartung berufen zu können und bestätigte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, vgl. BAG vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23.

  1. Kündigung in der Insolvenz mit Vermutung der Betriebsbedingtheit?

Hier lag dem Verfahren ein Interessenausgleich zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter mit Namenliste zugrunde. Das Gericht bestätigte, dass in solchen Fällen vermutet wird, dass die Kündigungen der in der Namensliste aufgeführten Mitarbeitenden durch dringende betriebliche Erfordernisse begründet ist. Allerdings muss der Betriebsrat bei der Verhandlung noch Einfluss nehmen können, so dass die unternehmerische Entscheidung im Zeitpunkt des Interessenausgleiches noch nicht abgeschlossen sein darf, vgl. BAG vom 17.08.2023 – 6 AZR 56/23.

  1. Ohne Führerschein sperrt die Arbeitsagentur?

In diesem Fall verlor ein Lkw-Fahrer die Fahrerlaubnis, der Führerschein wurde eingezogen. Damit vermochte der Fahrer nicht mehr seiner Arbeitstätigkeit nachzukommen, er verlor das Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsagentur wertete den Verlust der Fahrerlaubnis als grob fahrlässig in Bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes und sperrte den Antragsteller 12 Wochen vom Arbeitslosengeldbezug. Zu Recht, wie das Gericht entschied, vgl. LSG Baden-Württemberg vom 19.04.2023 – L 8 AL 1022/22.

  1. Schulungsanspruch für Überlastungsanzeigen?

Ein Betriebsrat war mit einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen gegenüber der Arbeitgeberseite konfrontiert und begehrte hierzu eine Schulung. Diesen Schulungsanspruch verneinte die Arbeitgeberseite. Zu Unrecht. Das Gericht erklärte, dass bei einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen bei einem 5-köpfigen Betriebsrat jedenfalls 2 Betriebsräte einen entsprechenden Schulungsanspruch haben, vgl. ArbG Berlin vom 01.08.2023 – 38 BV 1170/23.

  1. Zeugnis mit oder ohne Dankes und gute Wünsche-Formel?

In der Praxis ist es in Zeugnissen üblich, dass die Arbeitgeberseite am Ende des Zeugnisses das Ausscheiden der Arbeitnehmerseite bedauert und alles Gute für die Zukunft wünscht. Die Frage ist, ob auf eine solche Formulierung ein Anspruch besteht, erst recht, wenn es sich ansonsten um eine überdurchschnittliche Bewertung handelt. Das Bundesarbeitsgericht urteilte anders. Danach besteht auch bei einem Zeugnis mit leicht überdurchschnittlicher Bewertung kein Anspruch auf eine solche Schlussformel, vgl. BAG vom 25.01.2022 – 9 AZR 146/21.

  1. Vorstrafen mitteilungspflichtig an den Betriebsrat?

Hier ging es um die Zustimmungsverweigerung zur Versetzung durch den Betriebsrat. Dabei hatte die Arbeitgeberseite Vorstrafen des Mitarbeitenden dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nicht mitgeteilt. Grundsätzlich dürften auch nur solche Vorstrafen von einer Mitteilungsobliegenheit erfasst sein, die einen Arbeitsplatzbezug haben und die Mitarbeitende auch in einem Bewerbungsgespräch hätten mitteilen müssen. Wenn aber die Frist zur Zustimmungsverweigerung abgelaufen und damit eine Zustimmungsfiktion eingetreten ist, kann der Betriebsrat die Versetzung gerichtlich kaum verhindern. So auch das Gericht, so dass der Betriebsrat auch im Beschwerdeverfahren unterlag, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 4.5.2023 – 26 TaBV 920/22.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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